Das österreichische Testmagazin "Konsument" bewertet den Einsatz aller pflanzlichen Mittel bei Wechselbeschwerden als wenig geeignet. Namhafte Experten erklären, warum dieses Urteil zweifelhaft und unbegründet ist.
Ein Hauptargument: Jedes in Österreich zugelassene Arzneimittel – sei es synthetischer oder pflanzlicher Natur – wurde von den Behörden nach strengen Kriterien auf seine Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und pharmazeutische Qualität geprüft.
Traditionelle Arzneimittel - 30 Jahre Erfahrung
"Grundsätzlich gibt es verschiedene Formen der Zulassung: Neuzulassung, well established use und für pflanzliche Arzneimittel auch traditional use", berichtet Univ.-Prof. Dr. Rudolf Bauer, Vizepräsident der HMPPA, Leiter des Instituts für Pharmazeutische Wissenschaften, Universität Graz. Bei den ersten beiden Formen müssen publizierte Studien vorliegen, in denen ein Arzneistoff seine Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nachgewiesen sind. Hingegen müssen sogenannte traditionelle Arzneimittel über einen Zeitraum von mindestens 30 Jahren in Anwendung stehen, davon mindestens 15 Jahre in der Europäischen Union. D.h., wenn durch entsprechende Belege nachgewiesen ist, dass dieses Arzneimittel über diesen langen Zeitraum in dieser Form zur Behandlung bestimmter Krankheiten verwendet wurde und sich als wirksam erwiesen hat, wird auf medizinische Erfahrung vertraut. Die Prüfung der ordnungsgemäßen Erfüllung der strengen Kriterien Wirksamkeit, Unbedenklichkeit sowie pharmazeutische Qualität erfolgt in jedem einzelnen Fall und bei jeder Zulassungsform durch Experten der Medizinmarktaufsicht der Österreichischen Agentur für für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES).
Ungerechtfertigte Kritik für pflanzliche Arzneimittel
"In Österreich sind sechs rezeptfrei zugelassene Arzneispezialitäten zur Behandlung von Wechselbeschwerden in der Apotheke erhältlich", betont Univ.-Prof. Dr. Brigitte Kopp, Vizepräsidentin der HMPPA, Department für Pharmakognosie, Universität Wien. Es handelt sich dabei um Remifemin®/ Remifemin plus® als voll zugelassene Arzneimittel sowie Agnukliman Alpinamed Tropfen, Agnukliman Duo Alpinamed Dragees, Dr. Böhm Traubensilberkerze 6,5 mg Filmtabletten und Sanvita Meno Tabletten, die nach traditional use registriert sind. Wenn man die einschlägige Literatur hinsichtlich der wissenschaftlichen Daten über die beurteilten pflanzlichen Arzneimittel detailliert prüft, ergibt sich laut Prof. Kopp ein vollkommen anderes Urteil als das der "Konsument"-Redaktion: "Die pauschale Unterstellung, dass alle pflanzlichen Arzneimittel als schlecht zu beurteilen sind (wenig geeignet), sowie die im Artikel geäußerte Kritik werden durch die positiven Bewertungen von wissenschaftlicher sowie von behördlicher Seite widerlegt." Dadurch würden Patientinnen völlig zu Unrecht verunsichert und verängstigt.
Gute Evidenz für Nahrungsergänzungsmittel Isoflavone
Von Arzneimitteln zu unterscheiden sind sogenannte Nahrungsergänzungsmittel. Sie dienen in erster Linie der Gesunderhaltung und unterliegen daher weniger strengen Auflagen, wobei es hier beträchtliche Unterschiede gibt. Für manche Nahrungsergänzungsmittel existieren keinerlei Studien oder fundierte Wirksamkeitsnachweise. Für andere hingegen sind Wirksamkeit und Unbedenklichkeit sogar in großen klinischen Studien belegt. "Ein gutes Beispiel für umfassend untersuchte Nahrungsergänzungsmittel sind die Isoflavone", erklärt Univ.-Prof. DDr. Johannes Huber, Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in Wien, Hormonspezialist, eh. Leiter der Abteilung für Endokrinologie und Sterilitätsbehandlung, Univ. Klinik für Frauenheilkunde, MedUni Wien/AKH Wien. So wurde auf Basis der ausgezeichneten Evidenzlage aus klinischen Studien von einem internationalen Gremium unter Mitwirkung namhafter österreichischer Experten ein Konsensuspapier erarbeitet und auf dem Weltkongress für Gynäkologie und Endokrinologie Anfang März 2016 in Florenz präsentiert. "Darin werden Isoflavone als Erstlinien-Therapie zur Behandlung von Wechselbeschwerden, insbesondere vasomotorischer Natur, empfohlen", so Prof. Huber. Darüber hinaus wurde von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nach Auswertung eines systematischen Reviews die Unbedenklichkeit von Isoflavonen in gebräuchlichen Dosen für peri- und postmenopausale Frauen bestätigt.
Hohe Qualität gewährleistet
Für die Einhaltung von Qualitätskriterien im Rahmen der Arzneimittelzulassung ist in Österreich in erster Linie die Medizinmarktaufsicht der AGES zuständig. Darüber hinaus hat sich im Bereich der Phytomedizin die 2006 gegründete Herbal Medicinal Products Platform Austria (HMPPA) etabliert. "Dieses einzigartige Netzwerk arbeitet mit höchster Kompetenz daran, Naturstoffe und pflanzliche Arzneistoffe zu entwickeln, und diese Erkenntnisse gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft zum Wohle der Patientinnen und Patienten umzusetzen", erläutert Univ.-Prof. Dr. Hermann Stuppner, Präsident der HMPPA, Institut für Pharmazie/Pharmakognosie, Universität Innsbruck.