Frauen bevorzugen pflanzliche Therapien - aktuelle Studie

60 Prozent aller Österreicherinnen zwischen 51 und 55 Jahren leiden unter Wechselbeschwerden. „In der Altersgruppe zwischen 45 und 51 Jahren sind es immerhin 43 Prozent", betonte Univ.-Prof. DDr. Johannes Huber, Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in Wien, Hormonspezialist, im Rahmen eines Pressefrühstücks anlässlich des Menopausekongresses Anfang Dezember 2015 in Wien. Laut einer aktuellen repräsentativen GfK-Studie greifen Frauen in dieser belastenden Lebensphase bevorzugt zu pflanzlichen Präparaten wie z.B. Isoflavonen.

Das Beschwerdebild reicht von Hitzewallungen und Schweißausbrüchen bis hin zu depressiven Verstimmungen. „Die Ursache liegt in erster Linie in einer Abnahme der Östrogenproduktion begründet", erläuterte Univ.-Ass. Prof. Dr. Markus Metka, Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe, Oberarzt an der Univ. Klinik für Frauenheilkunde (karenziert), Abteilung für Endokrinologie und Sterilitätsbehandlung, MedUni Wien/AKH Wien.

Trend zu pflanzlichen Präparaten

„Zur Linderung ihrer Wechselbeschwerden nehmen 42 Prozent der Frauen pflanzliche Präparate ein, wie z.B. Isoflavone aus Soja und Rotklee oder Traubensilberkerze. Etwa gleich viele Frauen passen ihren Lebensstil an und achten auf gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung", so Prof. Huber über die Präferenzen der betroffenen Frauen für natürliche Hilfsmaßnahmen. Lediglich sechs Prozent der Betroffenen entscheiden sich für eine Hormonersatztherapie, noch deutlich weniger verwenden bioidente Hormone aus der Yamswurzel oder Pollenextrakte. Jede vierte Frau unternimmt gar nichts gegen ihre Wechselbeschwerden, so die GfK-Studie.


First line Therapie mit Isoflavonen

Isoflavone aus Soja und Rotklee gelten auch in Fachkreisen als erstes Mittel der Wahl gegen Wechselbeschwerden. „Für die vielfältigen positiven Effekte dieser Pflanzen verantwortlich sind vor allem die Isoflavone Genistein, Daidzein und Equol", erläuterte Dr. Mathias Schmidt, Pharmazeut in Mattsies/Deutschland und Vorsitzender der International Society for Phytosciences: „Diese binden vorzugsweise am protektiven Östrogen-Rezeptor beta (ER-beta, (1)), dessen Aufgabe es ist, vor überschießenden Effekten von Östrogen zu schützen. Sie haben keinen Einfluss auf den weiblichen Zyklus oder die Proliferation hormonsensitiver Gewebe – dies sind ER-alpha-vermittelte Effekte des Östrogens. Somit sind Isoflavone keine Hormone oder Phytoöstrogene, sondern selektive Östrogenrezeptormodulatoren (SERM)." Der Östrogen-Rezeptor beta ist in Brust, Uterus, Ovarien, Knochen und Gehirn zu finden (2). Er bremst die ER-alpha induzierte Zellteilung, schützt vor Knochenabbau sowie vor Hitzewallungen und Depression.


Der physiologische Nutzen einer sojareichen Ernährung ist durch epidemiologische Daten gut dokumentiert. Demnach schützt Soja vor vasomotorischen Beschwerden der Wechseljahre, Osteoporose und Krebs. Eine aktuelle Metaanalyse zeigt darüber hinaus, dass Sojaisoflavone die kognitiven Funktionen bei Frauen in der Menopause verbessern (3).


Isoflavone: gute Wirkung und Verträglichkeit


Isoflavone haben in einer Reihe von Studien ihre Wirksamkeit und Sicherheit gezeigt (4-8). „Isoflavone können daher bedenkenlos über mehrere Jahre eingenommen werden und bieten den Frauen eine wichtige Form der Unterstützung", berichtete die Wiener Frauenärztin Univ.-Prof. Dr. Doris Maria Gruber über ihre Erfahrungen aus der Praxis. Diese positive Einschätzung teilte auch Prof. Andrea Riccardo Genazzani, M.D., PhD., President of the International Society of Gynecological Endocrinology and of the European Society for Gynecologic and Obstetric Investigation: „Vorwiegend setzen wir Isoflavone bei Frauen ein, die entweder keine Hormone nehmen wollen, oder die nach einigen Jahren die Hormontherapie beenden und zu einer weniger pharmakologischen, natürlicheren Therapie übergehen wollen, nicht zuletzt auch deshalb, weil ihre Beschwerden nachgelassen haben. Unsere Patientinnen nehmen Isoflavone oft über eine lange Zeit mit hoher Zufriedenheit ein."
Nur bei jenen Frauen, die unter starken bzw. zunehmenden Beschwerden leiden, sollten auch andere Strategien erwogen werden – und zwar beschränkt auf den Zeitraum, in dem tatsächlich belastende Symptome auftreten. Daher empfiehlt die Österreichische Menopause Gesellschaft, zur Behandlung von Wechseljahresbeschwerden initial Isoflavone einzusetzen und erst bei unzureichender Wirkung auf Hormonersatztherapie umzusteigen (9).
 

Geprüfte Langzeitsicherheit


Die Wirksamkeit und Sicherheit der Isoflavone wurde laut Prof. Genazzani erst kürzlich von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bestätigt: „Sie untersuchte im Auftrag des deutschen Bundesinstituts für Risikobewertung, ob die Einnahme von Isoflavon-hältigen Nahrungsergänzungsmitteln bei peri- und postmenopausalen Frauen zu möglichen Gesundheitsrisiken und unerwünschten Wirkungen auf Brustdrüse, Gebärmutter und Schilddrüse führen kann." Im Rahmen eines systematischen Review wurden 43 Humanstudien und 62 Tierstudien für die Stellungnahme der EFSA ausgewertet (10). Resultat: Isoflavone, in Konzentrationen, die üblicherweise in Nahrungsergänzungsmitteln zu finden sind, sind für peri- und postmenopausale Frauen wirksam und sicher.


Arzneipflanzen mit neurologischer Wirkung


Neben typischen Wechselbeschwerden wie Hitzewallungen & Co. leiden viele Frauen auch an psychischen Beeinträchtigungen wie Stimmungsschwankungen, depressiven Verstimmungen oder nervöser Unruhe. Arzneipflanzen mit nachgewiesener neurologischer Wirkung sind Baldrian und Melisse bei Schlafstörungen, Passionsblume bei nervöser Unruhe sowie Johanniskraut bei Depressionen. „Hierzulande noch relativ wenig bekannt ist Griffonia simplicifolia, eine afrikanische Arzneipflanze mit hohem Gehalt an Serotoninvorläufersubstanzen. Diese wirken auch gegen Depression, Angstbeschwerden, Schlaflosigkeit und sexuelle Antriebslosigkeit", betonte Dr. Schmidt.


 


Literatur:


(1) Hajirahimkam et al., Planta Med 2013;79:583.
(2) Heldring N et al., Physiol Rev 2007;87(3):905-931.
(3) Cheng PF et al., Menopause 2015;22(2):198-206.
(4) Taku K et al., Menopause 2012;19(7):776-790.
(5) Chen MN et al., Climacteric 2014;1-21.
(6) Li L et al., Br. J Clin Pharmacol 2014.
(7) Alekel DL et al., Menopause 2015;22(2):185-197.
(8) Quaas AM et al., Menopause 2013;20(8): 840-844.
(9) Positionspapier der Internationalen und österreichischen Menopausegesellschaft (2007). Sekretariat österreichische Menopausegesellschaft.
(10) EFSA Journal 2015;13(10):4246.

 
Links:


http://www.menopausekongress.at/

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